paradise now

3 Zeichnungen, 2005
200 x 271 cm

Paradise Now III:
Das Dezentraldogma

Paradise Now IV:
Das Ende des Filial-Individualismus

Paradise Now V:
Das Autogenetische Manifest

Redeperformance, Ausstellung Jagdfieber, Messagesalon 2005

sermon synapsalfluss.
wir hatten dieses flüstern in uns und ein lachen, das uns in den hälsern steckenblieb, wenn wir etwas sahen, aber wir machten weiter. knallhart auf kurs, die luminiszenz unserer vorflieger scharf im auge, schwirrten wir aus und malten mit unsernleuchtkörpern ein kollektives zeichen in die luft, das noch nie jemand gesichtet hat. in kaskaden stürtzten wir in die tiefe. wir verwanden uns in duetten, legten eier in mulden und schrien gellend nach unseren geliebten, wir waren das sein, das wesen, die existenz. natürlich traten wir immer feste nach unseren nachbarn, dass es ihnen auch so blau sei wie uns. wir schlugen ihnen nette kleine violette beulen in ihre grünen birnen. wir hallten anhaltend nach. lange werden wir der frohen jagdzeit nachschauen. die nächste saison blasen wir schon ein. der jagdgrund bleibt sich ja immer gleich, manchmal flattert er ja nur etwas am rand des gesichtsfeldes, aber im zentrum bleibt er immer klare zone. alles von vorfliegern, nachbarn, mitessern, göttern erlernt. alles gehört, aufgeschnappt, erjagt im grossen synapsalen netz. und doch bleiben wir stolz aufs eigenbrot, wo es gebacken ist. oh eigenbrot, du umweg der direktion, über dich wollen wir nochmal so richtig stolpern, bevor wir an dir krepieren. den leuchtkörnern nach sind wir doch ameisen, kultivieren komplizierte pilze, und leuchten ehrlich gesagt kaum selbst. wie könnten wir den vorfliegen verwehren, was wir selber sind? auch vertagte gespräche überführen uns der tat. Der tag bleibt lange jung, die erinnerungsspur ist noch heiss, ihr schleim glänzt im gegenlicht. auf gehts, immer neue fabeln ziehen übers firmament. an den firnen kräuseln sie sich heiser. wieder und wieder zieht es uns zum beispiel zu den pilzpelzen hinüber, die im gletscherspalt mit ihrer siebzehngeschlechtlichkeit herumfeilschen, als würden sie nicht beträchtig schielen. oder zu den stachellosen sukkulenten, die uns mit ihrem grünfleisch winken. oder ins hinterletze gewebe, wo wir uns selber verblassen. was wirft uns noch auf uns selbst zurück, wenn nicht das saftige knacken der nachbarsbirne unter unserem festen fuss. was lässt uns noch ins nasse gras hinuntersinken, ohne dass wir uns dicke hölzer durch die hälse rammen. wen könnten wir noch übervorteilen, ohne uns selbst zu überholen? weiter, wir jagen, flattern drauf los, stürzen uns drauf, aufs nächste wort, auf den nächsten satz, durch die nächste nervenbahn, hinein ins meer der wogenden hirnwindungen, immer auf der schaumkrone tanzend, immer der nächsten überlegung auf dem fersengeld. eigenrot hin, reigentod her, das werden wohl die momente bleiben, in denen wir uns fremd aber frei gefühlt haben. den glanz der spur im auge, die zone fest im blick, zieht es uns fort zu nächsten gründen. haifischgleich schnellen wir durch das nasse, uns gegensei tig fetzen aus den flanken reissend, verträge abschliessend, dogmen zerkauend. biss auf biss bleibt es aufs neue, blut und fruchtsaft spritzt uns von den lefzen. kultiviert blitzt der goldzahn in der sonne. wo plätschert uns das wasser, wo rauschen die sensoren, und nochmals lassen wir uns in die tiefe ziehen, von niederfallenden strudeln mitreissen, unzählige wassertropfen verschieben unsere sicht, wonach sehnen wir uns so sehr, dass wir erblühen? aussen brechen uns die zähne aus unseren kiefern noch und noch, zersplittern nach allen seiten, während im innern unserer hälser die zarten milchzähne nachspriessen wie orchideenlippen. selbst sind wir vorflügler, vollidioten, längsseits abgenabelte, die sabbernde wunde kaum abgeklammert. und so sollen wir nicht blinzeln? wie sollten wir uns die blutbäder unserer vorfahren nicht aus dem mundwinkel wischen? können wir uns noch damit begnügen, unseren enkeln nur den rotz unter der nase wegzuschaben? nein! mutig blicken wir zurück in die zukunft, wohlwissend, dass sie uns eingeholt hat, schauen voraus in die vergangenheit, der schaum der rollenden krone unter unserem brett spritzt uns in die gesichter, wieder und wieder dreht es uns, diesmal weit zurück, wie haben wir zugestochen, damals, wie haben wir uns stechen lassen, sind zusammengezuckt unter den stichen unserer peiniger, nachbarn, nachfliegern, vorkäuern, und wie haben wir sie eingenommen, aufgenommen in unser fleisch, einverleibt in unser wesen. viele waren wir, im quirligen schleim der brandung, wir okkupierten uns gegenseitig locker übers kreuz, besetzen uns gegenseitig, um einander zu betreiben, wir durchwurzelten, verkletteten, illuminierten einander, falteten uns zusammen, durchflossen einander, mischten uns auf, wir fanden zueinander und wurden eins. einst autonome schleimsäcke wurden zu unseren herzen, gallen, lebern. pilzige geflechte nisteten in uns, verknüpften uns innerlich, während fermdartige klebrige klumpen immer von neuem gewaltsam in uns eindrangen, um in uns ihr eigenleben zu loben. eigenreigen. eigentod. so wurden wir wieder viele. und bleiben doch eine saat, verstreut in alle winde lassen wir uns treiben, bis wir in unseren schwestern und cousins uns selbst nicht mehr verkennen. verrat und intrige ebnet unsere wege, der faulige atem unseres wollens weht uns voraus. und plötzlich rutschen wir über die kante, der schaum zerreisst, unser blick fällt ins offene tal vor uns, einen stillen moment lang scheinen wir reglos zu schweben, im leeren zu hängen, im schein, im verwesen, im existenziellen, bevor wir absacken, ins tal hinunterjagen, die tosende wand jetzt dicht hinter uns, die gischt im nackten nacken, hastet unser blick durch die schillernde röhre, durch die wir immer schneller gleiten, bis die welle über uns bricht. Jagen wir noch, oder flüchten wir schon? jetzt wird alles zu gleissendem schmerz, der sich rasend durch jede faser des nervennetzes brennt. jetzt werden unsere knochen zu leim zerquetscht. hinuntersinkend, in die schwärzesten tiefen des letzen, entweicht unseren wunden lungen ein letztes blubbern, dessen blasen an der fernen oberfläche als echo eines erlöschenden lachens zerplatzen. wir sinken hinein, ins vergangene, in die nasse kälte. schon verfault uns unser fleisch, blättert ab von den zerbröselnden knochen, treibt davon, zelle für zelle zerfällt, versickert im dunkel. mölekül um molekül wird weggespühlt, atom von atom gelöst, bis wir in homöophatischer verdünnung zerfliessen.
um uns nichts, nur ein leises knistern, wie die ahnung einer nahenden entladung. schwärze, ein summen,
ein leerton.
Und dann,
uhrknall.